12. April 2012

Den Fiskus betei­ligen

Wurden Geschäfts­ter­mine und Urlaub kombi­niert, ließen sich bisher keine Ausgaben absetzen. Jetzt eröffnen die Finanz­richter die Chance, Steuern zu sparen.

Joachim Schon­del­maier ist ein Unter­nehmer alter Prägung. Mit Kunden und Zulie­fe­rern verhan­delt er persön­lich, um einen guten Kontakt aufzu­bauen, Verträge bestä­tigt er per Hand­schlag. Der Erfolg gibt dem Chef der Schon­del­maier GmbH – Press­werk in Gutach bei Frei­burg recht: In dem Kalt­press­werk fertigen 250 Beschäf­tigte jähr­lich Seri­en­teile im Wert von 40 Millionen Euro für die Auto­in­dus­trie. „Wir produ­zieren Kompo­nenten in höchster Qualität und Präzi­sion“, betont Schon­del­maier, der den Fami­li­en­be­trieb in dritter Gene­ra­tion leitet. „Und zwar exakt nach den Erfor­der­nissen unserer Abnehmer.“

Um dieses Leis­tungs­ver­spre­chen zu erfüllen, sind der Firmen­chef sowie 20 Mitar­beiter viel unter­wegs. Sie bahnen neue Geschäfte an oder klären Projekt­de­tails. Bisher achtete Schon­del­maier sehr darauf, dass seine Experten nach solchen Gesprä­chen sofort zurück­kehren: „Da Geschäfts­reisen nicht mit privaten Terminen verknüpft wurden, hatten wir kein Problem mit dem Finanzamt.“ Inzwi­schen sieht er das etwas lockerer und erlaubt den Mitar­bei­tern manchmal, eine Dienst­reise ins Ausland privat über das Wochen­ende zu verlän­gern: „Das ist eine kleine Aufmerk­sam­keit für ihren hohen Einsatz.“ Leisten kann sich Schon­del­maier diese Groß­zü­gig­keit seit einem Grund­satz­ur­teil des Bundes­fi­nanz­hofs (BFH) aus dem Jahr 2010.

Danach dürfen Finanz­be­amte den Betriebs­aus­ga­ben­abzug für soge­nannte gemischt veran­lasste Reise­kosten nicht gene­rell verwei­gern, wenn das Unter­nehmen die Kosten sauber in beruf­lich und privat veran­lasst aufteilt. Alle betrieb­li­chen Aufwen­dungen darf der Firmen­chef steu­er­lich absetzen. Dies gilt insbe­son­dere für die Hin- und Rück­rei­se­kosten, die bisher dem Rotstift des Finanz­amts zum Opfer fielen. Denn sie wären ohnehin ange­fallen.

Finanzamt prüft akri­bisch. Neuer­dings haben Geschäfts­rei­sende durch drei Urteile der obersten Finanz­richter größeren steu­er­li­chen Gestal­tungs­spiel­raum (siehe Kasten).

Wer Beruf und Frei­zeit kombi­niert, darf die Kosten anteilig absetzen, wenn er den dienst­li­chen Anlass einer Reise belegt. Jedem Unter­nehmer sollte jedoch klar sein, dass die Finanz­be­amten bei 155 Millionen Geschäfts­reisen und den damit verbun­denen Kosten von 43,5 Milli­arden Euro im Jahr 2010 bei den Reise­kos­ten­ab­rech­nungen auch künftig sehr genau hinsehen werden. Wer Geschäft­li­ches mit Privatem verbindet, sollte deshalb vorab mit seinem Steuer­berater klären, welche Kosten sich absetzen lassen und welche Belege aufzu­be­wahren sind.

„Liegt der Privat­an­teil einer Reise bei über 90 Prozent, ist kein Steu­er­abzug erlaubt. Beträgt dagegen der dienst­liche Anteil über 90 Prozent, sind alle Reise­kosten Betriebs­aus­gaben oder Werbungs­kosten“, erklärt Anita Käding, Leiterin der Abtei­lung Steu­er­recht und -politik beim Bund der Steu­er­zahler in Berlin, die neuen Regeln. „Grund­sätz­lich fordern die Richter eine klare Auftei­lung der betrieb­li­chen und privaten Kosten beispiels­weise nach Zeit­an­teilen.“ Aufwen­dungen für An- und Abreise sowie Über­nach­tung und Verpfle­gung sind möglichst nach Tagen aufzu­schlüs­seln: Die Hotel­rech­nung während der geschäft­li­chen Tagung samt Spesen zahlt der Arbeit­geber, die privaten Urlaubs­tage der Arbeit­nehmer.

Die Flug­kosten sind eben­falls aufzu­teilen: Verlän­gert ein Mitar­beiter die einwö­chige Geschäfts­reise um einen drei­tä­gigen Kurz­ur­laub, zahlt er drei Zehntel des Flug­ti­ckets selbst. Ärger mit dem Fiskus droht nur, wenn die Reise­kos­ten­ab­rech­nung sich durch die frühere Hin- oder spätere Rück­reise deut­lich erhöht. Unstrittig und steu­er­lich voll absetzbar sind dagegen rein beruf­lich bedingte Kosten, etwa Tagungs­ge­bühren oder Messe­ein­tritte. Proble­ma­tisch ist es weiterhin, wenn sich Privates und Beruf­li­ches nicht sauber trennen lassen. „Eine offene Flanke bleiben Reisen, die Firmen­chefs unter­nehmen, um Kontakte zu knüpfen“, warnt Marc Desens, Professor für Steuer- und öffent­li­ches Wirt­schafts­recht an der Univer­sität Leipzig. „Wenn das Programm der Wirt­schafts­de­le­ga­tion auch allge­mein­bil­dender Natur ist, wird es schwierig, dem Finanzamt eine beruf­liche Moti­va­tion zu belegen.“

Der Jurist rät deshalb, alles zu sammeln, was den beruf­li­chen Anlass der Reise doku­men­tiert. Dazu zählen neben dem Tagungs- oder Reise­pro­gramm auch genaue Aufzeich­nungen zu geführten Gesprä­chen oder geknüpften Kontakten. Wer mit dem Firmen­wagen unter­wegs ist, sollte zudem ein ordnungs­ge­mäßes Fahr­ten­buch führen.

Für den Fiskus müssen Sprach­kurse nicht zwin­gend auf Insel­pa­ra­diesen statt­finden, aber der Indian Summer in den USA lässt sich auch bei einer Dienst­reise genießen.

Genaue Doku­men­ta­tion hilft. Beson­ders bei Sprach­reisen kommt es auf eine saubere Doku­men­ta­tion an. Ist eine Auftei­lung der Reise­kosten nach privaten und beruf­li­chen Tagen unmög­lich, weil abends nach dem Sprach­kurs noch Zeit für Besich­ti­gungen war, erlauben die Finanz­richter eine prozen­tuale Aufschlüs­se­lung. Ist auch das schwierig, darf laut BFH-Rich­ter­spruch die Hälfte der Reise­kosten steu­er­lich ange­setzt werden. Haben die Finanz­be­amten aber den Verdacht, dass ihnen ein Urlaub­strip als Geschäfts­reise unter­ge­schoben werden soll, ist der Steu­er­abzug schnell gestri­chen. Dabei gilt: Je exoti­scher das Reise­ziel, desto eher unter­stellt der Fiskus einen privaten Anlass. Darle­gung und Beweis­last liegen dann beim Steu­er­zahler. Unter­nehmer sollten sich daher mit dem Gedanken anfreunden, dass man Fran­zö­sisch nicht unbe­dingt auf Mada­gaskar lernen muss.

Quelle: TRIALOG, Das Unter­neh­mer­ma­gazin Ihrer Berater und der DATEV, Heraus­geber: DATEV eG, Nürn­berg, Ausgabe 01/2012; Text: Sigrun an der Heiden